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Schüler-Interview mit dem Europameister U18 Amadeus Gräber

Nach der Europa-Meisterschaft 2022 in Jerusalem war es mir eine Ehre, unseren ehemaligen Schüler und U18 Europameister, Amadeus Gräber, zu interviewen. Amadeus trainiert aktuell im Mehrkampfzentrum des Leonardo Da Vinci Campus Nauen und des SV Leonardo Da Vinci e.V.. Wir haben vor allem über seine Teilnahme bei den Europameisterschaften in Jerusalem gesprochen. Ich wollte von ihm wissen, wie er sich vorbereitet und wie er den Wettkampf empfunden hat.

Marc: Hallo Amadeus, vielen Dank, dass Du Dir heute Zeit genommen hast. Ich würde gerne mit Dir über die Europameisterschaften sprechen. Natürlich interessiert mich, wie du dich vorbereitet hast.

Amadeus: Hey Marc. Ja klar, gerne. Vorbereitung, also ein spezielles Training, gab es da nicht, denn es hat über Jahre gedauert. Ich hab‘ im Training immer mehr und mehr gemacht, weil man das ja nicht so abrupt steigern kann, sonst macht das der Körper ja nicht mit. Ich hab das dann so gesteigert, dass ich dann die ganze Woche zweimal am Tag trainieren konnte – dann natürlich auch zwischendurch mit Pausen – ich habe bestmöglich und viel trainiert.

Marc: Hast du dich mental auf die Europameisterschaft besonders vorbereitet wie zum Beispiel durch Meditation?

Amadeus: Also so mentale Sachen als Training habe ich eigentlich nicht gemacht. Meine mentale Sache ist das Zocken (lacht dabei), so zum Entspannen. Ich glaube, das wird jeder verstehen. Aber meditieren oder so etwas habe ich nicht gemacht. Ich bin in meinem Kopf immer mal wieder durchgegangen, was dran kommen könnte oder was passieren könnte.

Marc: Wie genau kommt man zu den Europameisterschaften? Wurdest Du eingeladen?

Amadeus: Für die Europameisterschaften gibt es Qualifikationswettkämpfe, die sind für den Mehrkampf immer zu anderen Zeiten als für die Einzeldisziplinen. Zu diesen Qualifikationswettkämpfen kannst du hingehen, wenn du vorher schon eine bestimmte Punktzahl erreicht hast. Dann geht es bei dem Wettkampf darum, unter die ersten zwei zu kommen. Nachdem ich dort unter die besten zwei gekommen bin, kam dann der Bundestrainer auf mich zu, hat mir die Einladung für die Europameisterschaften gegeben und dann auch gleich eine Liste, um die Kleidergrößen für die Deutschlandsachen anzugeben.

Marc: Wie war dein Gefühl, als du eingeladen wurdest und es geschafft hattest?

Amadeus: Vorher war ich schon quasi der Favorit, um da mitzufahren und da habe ich mich natürlich gefreut, dass alles alles geklappt hat. Das war schon schön. Nach dem Zehnkampf, wenn man diese zehn Disziplinen hat, ist es immer perfekt, wenn man fertig ist. Und die Einladung dann noch in die Hand gedrückt zu bekommen ist einfach sehr, sehr schön.

Marc: Wie hast du es mit der Schule gemacht, du hast ja davor auch dein Abitur geschrieben?

Amadeus: Also die Entscheidung war ziemlich einfach für mich. Ich hab mich auf Sport konzentriert und die Schule vernachlässigt (lacht). Naja, nicht vernachlässigt aber gelernt speziell habe ich nicht, ich habe mich auf den Sport konzentriert.

Marc: Was ging dir durch den Kopf, als du angekommen bist und du deine erste Disziplin hinter dir hattest? Wie hast du dich gefühlt?

Amadeus: Erstmal dachte man so okay, es geht gleich los, weil es ja diese Probestarts vorher gibt. Dann wurde man schon immer aufgeregter. Und besonders, als die anderen dann vorgestellt wurden, da wusste man dann gar nicht so recht, was man machen soll. Es geht dann auch relativ schnell los mit dem Start, und dann denkt man sich so: Ja, jetzt bloß keinen Fehlstart machen, jetzt bloß gut rauskommen, auf die Technik achten und Sonstiges! Als der Lauf dann vorbei war, da war ich dann schon ein bisschen erleichtert.

Marc: Ich habe gesehen, dass du deine Brille vor jedem Wurf, Sprung und Lauf richtest, ist das ein Ritual?

Amadeus: Meine normale Brille habe ich immer auf, weil ich ohne einfach nicht gut sehen kann. Ich habe mir jetzt auch überlegt Kontaktlinsen zu holen, die kommen auch demnächst, aber die hatte ich dort noch nicht, deswegen mit Brille. Ohne Brille sehe ich die Hürdenabstände nicht, ich sehe die Latte beim Stabhochsprung nicht, ich sehe nicht, wo ich abwerfen muss und das ist ein bisschen schwierig.

Ich glaube, du meinst speziell beim Hochsprung, beim letzen Versuch, wo ich die Sonnenbrille aufgesetzt habe. Das war mehr so Zufall. Die Sonne hat angefangen zu blenden, sodass ich beim Sprung die Latte nicht gesehen habe und beim zweiten Versuch dachte ich mir, dass ich mir beim dritten Versuch die Sonnenbrille aufsetzt, dann sehe ich das vielleicht, und dann hat es geklappt. Das kam dann so rüber als wäre es ein Ritual aber das war eigentlich ziemlich zufällig.

Marc: Wie bist du in die letze Disziplin, den 1500-Meter-Lauf gegangen, als du auf der dritten Platzierung warst?

Amadeus: Ich war ziemlich aufgeregt. Ich hatte davor dreimal die Möglichkeit es schon fest zu machen, dass ich gewinne mit meinen drei besten Disziplinen. Und ich habe es dreimal verkackt. Dann kam auch der Bundestrainer der Frauen zu mir und hat mit mir geredet. Er meinte: „Du musst jetzt zeigen, dass du das kannst und dass du es willst! Ansonsten wirst du halt hier die Goldmedaille nicht holen!“ Und die Goldmedaille wollte ich wirklich auch holen. Ich wusste auch, ich muss sieben Sekunden schneller sein als der Franzose und der Schwede darf nicht vorbeikommen. Dementsprechend bin ich den Lauf dann auch gelaufen, also dass ich den Schweden hinter mir gelassen hab und gleichzeitig ein schnelles Tempo gelaufen bin – ähnlich wie Niklas Kaul halt.

Marc: Und dann hast Du den 1500-Meter-Lauf gewonnen….

Amadeus: Also, als ich im Ziel ankam, wusste ich halt nicht direkt, wie ich reagieren soll. Ich wusste, ich habe den Schweden hinter mir gelassen, also hatte ich den zweiten Platz sicher. Aber ich wusste nicht, ob ich gewonnen hab. Ich konnte halt nicht mehr, aber ich musste mich oben halten, um zu zählen, wie weit der Franzose hinter mir ist. Ich hab dann noch mit dem Schweden auf die Leinwand geguckt und überlegt, ob das für ihn und für mich gereicht haben könnte. Dann kam ja auch relativ schnell das Ergebnis oben und ich weiß nicht … da ging mir nicht viel durch den Kopf. Ich hab mich dann auf den Boden gelegt, ich habe es so schnell gar nicht realisiert. Ich habe das dann irgendwann am nächsten Tag erst wirklich realisiert.

Marc: Vielen Dank für das Interview, Amadeus!

Hier könnt ihr den Artikel zur Europa-Meisterschaft nachlesen.

Veröffentlicht
6. Oktober 2022
Marc Etringer